Von medizinischen Instrumenten bis zu Implantaten

In der Medizintechnik sind Metalle unverzichtbar. Sie sind vielseitige Werkstoffe für die Herstellung von Implantaten und die Grundlage für Präzisionsinstrumente, die besondere Anforderungen erfüllen müssen. Zudem lassen sich die Eigenschaften von Metallen und Legierungen maßgeschneidert an verschiedenste Aufgabenbereiche abstimmen.

Metalle in der Medizintechnik: Vielseitig verwendbar

Im medizinischen Bereich gibt es ein breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten für Metalle und Legierungen. Um nur einige Beispiele zu nennen, medizinische Metalle werden unter anderem verwendet in:

  • externen Ausrüstungen und Geräten wie Dialysesystemen, Beatmungsgeräten, bildgebenden Systemen etc.,
  • implantierbaren medizinischen Produkten wie orthopädischen, traumatologischen oder vaskulären Implantaten,
  • medizinischen Instrumenten und Werkzeugen wie chirurgischem, orthopädischem oder endoskopischem Zubehör,
  • zahnmedizinische Geräte und Instrumente wie Bohrer, Werkzeuge etc.

Ungeachtet der Vielfalt der Anwendungsbereiche müssen medizinische Metalle immer besonders hohe Anforderungen erfüllen. Gefordert sind häufig maßgeschneiderte Lösungen, die einerseits spezielle Materialeigenschaften hinsichtlich Langlebigkeit, Verschleiß und ähnlichem vorweisen müssen.

Andererseits dürfen Metalle im medizinischen Bereich beispielsweise nicht schädlich für den Körper sein, damit etwa Implantate langfristig und ohne gesundheitliche Nachteile funktionieren können. Wir stellen die wichtigsten Medizinmetalle mit ihren besonderen Eigenschaften und ihren Einsatzgebieten vor.

Exkurs: Was ist Osteosynthese?

Bei Osteosynthese handelt es sich um operative Verfahren, mit denen sich gebrochene oder anderweitig verletzte Knochen wiederherstellen lassen. Anders als bei der Stabilisierung durch einen Gips, werden bei der Osteosynthese Schrauben, Platten, Drähte und Nägel aus Metall genutzt, um die Knochenfragmente wieder in der richtigen Stellung zu fixieren oder um die Fraktur mit Hilfe von Metallimplantaten zu stabilisieren.

Unterschieden werden mehrere Ansätze der Osteosynthese, die jeweils auf andere Hilfsmittel setzen. Welche Implantate oder Instrumente genutzt werden, hängt dabei nicht zuletzt von der Art der Fraktur ab. Von einer Fixierung durch Schrauben bis zu Haltesystemen, die von außen durch die Haut für das Fixieren sorgen, kann die Medizin auf sehr verschiedene Möglichkeiten zurückgreifen.

Normen für Metalle in der Medizin

Um sicherzustellen, dass die im medizinischen Bereich verwendeten Metalle den hohen Anforderungen gerecht werden, müssen sie genormte Vorgaben erfüllen. Für die metallischen Werkstoffe, die zur Herstellung von chirurgischen Implantaten genutzt werden, ist zum Beispiel die Normenreihe DIN EN ISO 5832 maßgeblich.

Die mehrteilige Normenreihe befasst sich mit den Eigenschaften und Prüfverfahren für verschiedene schmiedbare, kaltumformbare und nichtrostende metallische Werkstoffe. Mit Hilfe der Vorgaben soll unter anderem gewährleistet werden, dass die nicht vermeidbare Reaktionen der Werkstoffe im menschlichen Organismus auf ein minimales Risiko reduziert werden können.

DIN EN ISO 5832
„Chirurgische Implantate – Metallische Werkstoffe
DIN EN ISO 5832-1 Teil 1: Nichtrostender Stahl (ISO 5832-1:2024)
DIN EN ISO 5832-2 Teil 2: Unlegiertes Titan (ISO 5832-2:2018)
DIN EN ISO 5832-3 Teil 3: Titan 6-Aluminium 4-Vanadium Knetlegierung (ISO 5832-3:2021)
DIN EN ISO 5832-4 Teil 4: Kobalt-Chrom-Molybdän-Gusslegierung (ISO 5832-4:2014)
DIN EN ISO 5832-5 Teil 5: Kobalt-Chrom-Wolfram-Nickel-Schmiedelegierung (ISO 5832-5:2022)
DIN EN ISO 5832-6 Teil 6: Kobalt-Nickel-Chrom-Molybdän-Schmiedelegierung (ISO 5832-6:2022)
DIN EN ISO 5832-7 Teil 7: Schmiedbare und kaltumformbare Cobalt-Chrom-Nickel-Molybdän-Eisenlegierung (ISO 5832-7:2024)
DIN EN ISO 5832-9 Teil 9: Geschmiedeter hochaufgestickter nichtrostender Stahl (ISO 5832-9:2019)
DIN EN ISO 5832-10 Teil 1: Nichtrostender Stahl (ISO 5832-1:2024)
DIN EN ISO 5832-11 Teil 11: Titan Aluminium-6 Niob-7 Knetlegierung (ISO 5832-11:2014)
DIN EN ISO 5832-12 Teil 12: Kobalt-Chrom-Molybdän-Schmiedelegierung (ISO 5832-12:2019)
DIN EN ISO 5832-14 Teil 14: Titan Molybdän-15 Zirkonium-5 Aluminium-3 Knetlegierung (ISO 5832-14:2019)

Ähnliche Vorgaben und Normen legt außerdem die internationale Standardisierungsorganisation ASTM (American Society for Testing and Materials) fest. In der Normenreihe ASTM F finden sich unter anderem die Standards für „Nichtrostende Stähle für chirurgische Instrumente“ (ASTM F 899:2023) oder für „Metallische Werkstoffe für chirurgische Implantate: Kobalt-Chrom-Wolfram-Nickel Schmiedelegierung“ (ASTM F 90: 2023).

Titan und Titanlegierungen in der Medizin

Aufgrund seiner Korrosionsbeständigkeit, hohen Biokompatibilität und mechanischen Belastbarkeit wird Titan im medizinischen Bereich vor allem bei der Fertigung stark beanspruchter Komponenten verwendet. Hierunter fallen beispielsweise orthopädische oder Dentalimplantate.

Weil Titanlegierungen (zum Beispiel Titan-Aluminium-Vanadium-Legierungen wie Ti-6Al-4V) über hohe Festigkeiten verfügen und Dehnungen von über 10 Prozent aushalten, sind sie für ein breites Spektrum medizinischer Aufgaben geeignet. Genutzt werden sie deshalb für

  • Implantate wie Hüft- und Knieprothesen sowie Zahnimplantate;
  • chirurgische Instrumente wie Skalpellklingen oder Zangen;
  • Stents (etwa Koronarstents zur Behandlung von Herzerkrankungen).

Als Alternative zu mechanischen Herstellungsmethoden werden medizinische Komponenten aus Titan häufig im Metallpulverspritzguss-Verfahren gefertigt. Für dieses Verfahren wird feines, sphärisches Titanpulver verwendet, das zu komplexen, einbaufertigen oder zumindest endkonturnahen Komponenten verarbeitet werden kann. Häufig sind es Titan-Aluminium-Vanadium- oder Titan-Aluminium-Niob-Legierungen, die für den medizinischen Bereich genutzt werden.

Edelstahl in der Medizin

Ähnlich wie bei Titan und seinen diversen Legierungen findet Edelstahl in verschiedenen Zusammensetzungen Verwendung für die Herstellung von Medizinprodukte. Die Einsatzmöglichkeiten umfassen

  • orthopädische Implantate wie Schrauben, Platten und Nägel;
  • chirurgische Instrumente wie Skalpelle und Pinzetten;
  • dentalmedizinische Werkzeuge wie Bohrer oder Füllungsinstrumente.

Die Eigenschaften von medizinisch nutzbarem Edelstahl variieren, sie lassen sich optimal auf bestimmte Anforderungen anpassen. Das bedeutet umgekehrt, dass nicht jeder Edelstahl für jede medizinische Anwendung verwendet werden kann.

Der Edelstahl 1.4021 etwa ist sehr hart und verfügt über eine hohe Zugfestigkeit, durch er hervorragend für Pumpenteile oder Wellen von medizinischen Geräten geeignet ist. Der er im Vergleich zu anderen Edelstählen jedoch weniger korrosionsbeständig ist, findet er beispielsweise in chloridhaltigen Umgebungen keine Verwendung.

Wir zeigen einige Beispiele für Edelstähle in der Medizin.

Edelstähle für die Medizin
Edelstahl 1.4034 Bei diesem Edelstahl sorgt die große Härte zusammen mit hoher Festigkeit und guter Korrosionsbeständigkeit dafür, dass er für medizinische Instrumente geeignet ist, die hohen Belastungen ausgesetzt sind. Dazu gehören Prothesen und Implantate. Der Edelstahl 1.4034 findet sich aber auch in chirurgischen Instrumenten.
Edelstahl 1.4057 Für den Edelstahl 1.4057 gilt Ähnliches wie für den Edelstahl 1.4034: Er weist eine hohe mechanische Festigkeit vor und ist ebenfalls mit einer guten Korrosionsbeständigkeit ausgestattet. Genutzt wird er daher für Instrumente und Implantate.
Edelstahl 1.4301 Der Edelstahl 1.4301 ist der am häufigsten verwendete Chrom-Nickel-Stahl, was vor allem in den Verarbeitungsmöglichkeiten sowie der hohen Korrosionsbeständigkeit begründet ist. Wie beim Edelstahl 1.4021 gilt jedoch auch hier, dass die Korrosionsbeständigkeit in Umgebungen mit hohen Salz- oder Chlorkonzentrationen deutlich verringert ist.

Da die Legierung jedoch sehr gut formbar ist und sich sehr gut schweißen lässt, kann sie unter anderem bei der Herstellung von komplexen Teilen genutzt werden. Im medizinischen Bereich sind es vor allem Geräte, in denen 1.4301 zum Einsatz kommt.

Edelstahl 1.4404 Wegen der hervorragenden Korrosionsbeständigkeit, der hohen Festigkeit sowie der guten Biokompatibilität lässt sich die Edelstahl-Legierung 1.4404 auch für medizinische Komponenten verwenden, die für einen dauerhaften Einsatz im Körper vorgesehen sind. Er ist deshalb häufig Bestandteil von Implantaten, wird aber auch für chirurgische Instrumente genutzt.
Edelstahl 1.4441 Ein sehr niedriger Kohlenstoffgehalt führt dazu, dass die Korrosionsbeständigkeit des Edelstahls 1.4441 weiter verbessert ist. Er eignet sich daher zum Beispiel für minimalinvasive chirurgische Instrumente wie Katheter oder Führungsdrähte – also überall dort, wo es auf hohe Präzision und zuverlässige Werkstoffe ankommt.
Edelstahl 1.4542 Der Edelstahl 1.4542 verbindet hohe Festigkeit mit guter Korrosionsbeständigkeit, wodurch er in Umgebungen mit hoher Belastung geeignet ist. Genutzt wird er daher unter anderem für die Herstellung von Implantaten sowie für medizinische Instrumente.

Kobalt-Chrom-Legierungen in der Medizin

Der Vorteil von Kobalt-Chrom-Legierungen liegt darin, dass sie sehr hart und korrosionsbeständig sind und zugleich eine hohe Elastizität vorweisen. Sie werden daher häufig für medizinische Anwendungen verwendet, die eine hohe Festigkeit und Verschleißfestigkeit fordern.

Typische Einsatzbereiche sind daher:

  • Gelenkprothesen für Hüft- und Kniegelenke,
  • zahnmedizinische Anwendungen wie Kronen oder Brücken und

Vor allem Kobalt-Chrom-Molybdän-Legierungen (CoCrMo) kommen in diesen Bereichen zum Einsatz. Für spezielle Anwendungen werden weitere Kobalt-Chrom-Legierungen genutzt:

  • Kobalt-Chrom-Wolfram-Nickel-Legierungen verfügen über eine sehr gute Korrosionsbeständigkeit und mechanische Festigkeit. Sie eignen sich dadurch beispielsweise für Stents, Herzklappen oder andere implantierbare medizinische Geräte.
  • Kobalt-Nickel-Chrom-Molybdän-Legierungen können eine hohe Festigkeit und mechanische Belastbarkeit vorweisen. Da sie außerdem sehr gut biokompatibel sind, lassen sie sich für Langzeitimplantate (zum Beispiel in der Zahnmedizin) nutzen.

Nickel-Titan-Legierungen in der Medizin

Nickel-Titan-Legierungen sind auch unter der Bezeichnung Nitinol bekannt. Diese Art Legierung ist nicht nur sehr elastisch, mechanisch belastbar, biokompatibel und korrosionsbeständig. Nitinol zeichnet sich insbesondere durch seine Formgedächtnis-Eigenschaften aus. Das bedeutet, dass sich Nickel-Titan-Legierungen nach einer Deformation durch Überhitzung wieder ihre ursprüngliche Form annehmen.

In der Medizin ist es jedoch vor allem die Elastizität von Nitinol, die in verschiedenen Bereichen genutzt wird:

  • In der Gefäßchirurgie sind Stents häufig aus Nitinol, weil sie sich sehr gut an die Blutgefäße anpassen lassen.
  • Nitinol ist zudem Bestandteil von orthopädischen Implantaten (in Form von Nägeln oder Platten), mit denen Knochenbrüche stabilisiert werden.
  • Drähte aus Nitinol sind in der Dentalmedizin bei Zahnspangen im Einsatz.

Daneben gibt es zahlreiche chirurgische Instrumente und Geräte, die von den Eigenschaften der Nickel-Titan-Legierungen profitieren.

Tantal in der Medizin

Bei Tantal handelt es sich um ein seltenes, duktiles Übergangsmetall mit einem sehr hohen Schmelzpunkt. Für die Verwendung in der Medizin ist es aber nicht nur wegen seiner Korrosionsbeständigkeit interessant oder wegen seiner Interaktion mit anderen Elementen.

Tantal zeichnet sich vor allem durch eine sehr gute Biokompatibilität aus: Es ist ungiftig und reagiert nicht oder kaum mit Körperflüssigkeiten. Häufige medizinische Anwendungen, die Tantal enthalten, sind deshalb Langzeitimplantate, chirurgische Clips oder Knochennägel. Darüber hinaus findet Tantal Verwendung in Prothesen, Gefäßstents und dentalen Werkzeugen.

Gold und Silber in der Medizin

Gold und Silber haben eine lange Geschichte in der Medizin. So wurde Silber bereits in der Antike eingesetzt, um die Wundheilung zu beschleunigen oder um Infektionen vorzubeugen. Diese antimikrobiellen Eigenschaften werden auch heute noch genutzt, wenngleich die Bedeutung durch die Verfügbarkeit von Antibiotika nicht mehr so groß ist.

Die Einsatzmöglichkeiten für Gold und Silber im medizinischen Bereich sind jedoch immer noch sehr groß. Das liegt nicht zuletzt an der hohen Korrosionsbeständigkeit und guten Biokompatibilität der beiden Edelmetalle. Typische Anwendungen sind:

  • Goldbeschichtungen und Mikroverdrahtungen, zum Beispiel für Mikroelektromechanische Systeme, LEDs oder optische Komponenten, da sowohl Leitfähigkeit und Langlebigkeit durch die Verwendung von Gold verbessert werden.
  • Beschichtungen aus Silber werden wegen der antimikrobiellen Eigenschaften zum Beispiel für Oberflächen von medizinischen Geräten genutzt. Ähnliches gilt für Gold.
  • Durch die Kombination aus antimikrobieller Wirkung und Biokompatibilität wird Gold außerdem für implantierbare Geräte wie Herzschrittmacher genutzt oder ist in medizinischen Geräten verarbeitet, bei denen es auf die elektrische Leitfähigkeit ankommt (wie in Defibrillatoren).

Die Anwendungsmöglichkeiten für Gold und Silber reichen in der Medizin noch weiter, von silberhaltigen Wundverbänden und -auflagen bis hin zu Instrumenten, Füllmaterialien oder Implantaten für die Dentalmedizin.

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